Toplak

Ein Teil der Geschichte

…als Franz Toplak aus Vitanje (Weitenstein) auszog, um im Bergwerk Westerholt „Kohle zu machen“. Es rief fortan nicht mehr der heimische Berg in den slowenischen Alpen, sondern der Bergbau unter Tage mitten im Ruhrgebiet. So geschah es Ende des 19. Jahrhunderts, dass mein Großvater seine Heimat und das Elternhaus von Josef Toplak, dem Schuhmacher im Dorf, verließ, um in Westerholt sein Glück zu finden. Vitanje ist ein malerisches Dorf, historisch gelegen in der Untersteiermark, dem späteren Jugoslawien und seit 1991 dem heutigen Slowenien.

Franz Toplak, geboren 1881 in Pletovarje, gehörte mit zu den Bergmännern der ersten Stunde, die das Leder vor dem Arsch trugen und durch harte Maloche unter Tage Herten zur größten Bergbaustadt in Europa werden ließen. Den ersten und zweiten Weltkrieg überlebt, verließ er 1949 als Bergmannsinvalide diese Welt. Bereits am 15. März 1940 übergab somit mein Großvater Franz den Schlägel an seinen Sohn, meinen Vater Alfred Toplak, der an diesem Tag mit 14 Jahren seine Ausbildung für Bergjungleute begann.

Keine Hundert Jahre später, klang das noch so:
„Ausbildungsabkommen für Bergjungleute zwischen der Bergwerksgesellschaft Hibernia Aktiengesellschaft in Herne, vertreten durch den Führer des Betriebes der Zeche Westerholt, und Alfred Toplak. Das Ausbildungsverhältnis ist ein Erziehungsverhältnis auf der Grundlage gegenseitigen Vertrauens und gegenseitiger Treue. Ausbildungsziel ist, den Bergjungmann nicht nur für den Beruf fachlich auszubilden, sondern ihn im Geist deutscher bergmännischer Berufsauffassung zur rückhaltlosen Dienst- und Einsatzbereitschaft für die Volksgemeinschaft zu erziehen“.

So arbeitete auch Alfred fortan als jüngster Sohn von fünf Kindern unter Tage auf der Zeche Westerholt und später im Bergwerk Bergmanns Glück in Gelsenkirchen-Hassel. Mein Vater Alfred Toplak erfüllte in der Bergarbeitersiedlung Hassel das noch heute überlieferte Klischee eines Bergmanns, der freitags mit seiner Lohntüte hinterm Büdchen sein Fläschchen Bier zum Wochenende mit den Kumpels genoss. Er züchtete Tauben, Karnickel und später im vorgerückten Alter Kanarienvögel. Anfang der 70er Jahre übergab auch er den Schlägel ganz nach Familientradition ein letztes Mal an seinen ältesten Sohn Detlev Toplak.

So wuchs ich, Fred Toplak, in gleicher Tradition als jüngster Sohn von vier Kindern in der Zechensiedlung zwischen Hassel und Bertlich auf. Am Valentinstag des 14. Februars 1959 und quasi in der Küche in Gelsenkirchen-Hassel geboren und zur Schule gegangen, erlebte ich eine Kindheit und Jugend draußen zwischen Trinkhallen und Kneipen der Bergleute und mit Völkerball auf der Straße und beim Bolzen auf Bolzplätzen, die eigentlich öffentliche Rasenflächen waren. Auf der Straße galt das „Recht des Stärkeren“ und an der Trinkhalle das Limit zum „Anschreiben“. Mitten aus dem Ruhrgebiet – mit einem Wort: unbeschreiblich.

Bis zum Sommer 1975. Da konnte ich mich als Sechzehnjähriger mit Abschluss der Hauptschule am Eppmannsweg zwischen Bergbau und einer kreativen Ausbildung entscheiden. Ich wählte die Ausbildung zum Schilder- und Lichtreklamehersteller. Damit beendete ich für meinen Teil eine Bergbautradition, deren Ende sich bereits an vielen Stellen abzeichnete.

„Handwerk hat goldenen Boden“, sagte man, doch in den 70er Jahren kam gesellschaftlich vieles zusammen, was mich manches Mal zweifeln ließ und mich auch Jahre später vieles kritisch bewerten ließ. Meinem Ausbildungsbetrieb in Gelsenkirchen, nahe der heutigen Schalke Arena, und speziell meinem Mentor und Ausbilder „Meister Guder“, habe ich eine sehr umfangreiche kreative und handwerkliche Ausbildung zu verdanken. Dadurch stand die Welt für mich offen und ich bereiste in den folgenden Jahren alle Kontinente der Erde.

Nach knapp zehn Jahren im Beruf, zog es mich zurück ins heimatliche Ruhrgebiet. In Gelsenkirchen gründete ich 1984 die spätere Werbeagentur und den Werbetechnikbetrieb TOPLAK, zunächst ansässig in Gelsenkirchen-Buer. Die ersten zehn Jahre durfte ich deutschlandweit aktiv sein und meinen Ausbildungsbetrieb in starker Verbundenheit im technischen Bereich einige Jahre leiten. Bis „Meister Guder“ in seinen wohlverdienten Ruhestand ging. Das war für mich mein zweiter Schichtwechsel in Sachen Veränderung. Seit 1994 lebte und arbeitete ich mit meiner Ehefrau in Herten-Transvaal, fast exakt auf der Stadtgrenze zwischen Marl und Herten. Achtzehn Jahre bauten wir dort unser familiengeführtes, Hertener Unternehmen weiter aus. Im Jahr 2012 bauten wir gemeinsam das bekannte Handwerks- und Dienstleistungsgebäude an der Karl-Breuing-Straße 30 in Marl (neben dem Globus Baumarkt, der damals noch Praktiker hieß). Bis heute sind das DIE, die hinter der Fassade mit dem Auto an der Wand und den Zitaten an der Recklinghäuser Straße arbeiten und mit Vorbeifahrenden kommunizieren.

 

Nach 41 Berufsjahren im produzierenden Handwerk als Geselle, Ausbilder, Betriebsleiter und Werbetechnikermeister und nach 32 Jahren als selbstständiger Unternehmer mit entsprechender Verantwortung und Lebenserfahrung wurde es Zeit für einen weiteren Schichtwechsel. Als Gestalter und Macher zog es mich 2016 an die Spitze der Hertener Verwaltung, mit einer bis dahin aus meiner Sicht „farblos und einseitig bestimmten Politik“.

Als selbstbewusster, aber noch relativ unbekannter Quereinsteiger bewarb ich mich als parteiloser Bürgermeisterkandidat bei der Wahl 2016 in Herten. Nach drei Monaten Wahlkampf und einer endloswirkenden „Vorstellungsrunde“ auf der Straße und mit einer von mir neu initiierten Präsenz in den sozialen Medien, konnte ich die Stichwahl erreichen. Spannender war ein Wahlkampf in Herten wohl nie. Im ersten Wahlgang am 22. Mai 2016 traten neun Kandidaten zur Wahl an. Alexander Letzel (SPD) holte 33 Prozent und ich 27 Prozent der Stimmen. In der Stichwahl am 5. Juni 2016 konnte ich mich mit 66,24 Prozent der Stimmen durchsetzen und eine 70-jährige absolute SPD-Mehrheit in Herten damit beenden. In der ersten Ratssitzung am 13. Juni wurde ich als erster parteiloser Bürgermeister im Rat der Stadt Herten vereidigt. Die Nähe zu den Bürgerinnen und Bürgern der Stadt überzeugte und prägte mich für die folgenden Jahre. Es war und bleibt für mich das höchste Gut, mich in den Dienst der Menschen in Herten zu stellen. Eine Amtszeit, die vieles verändern wollte und auch durchaus sollte, aber das ist eine andere Geschichte.

 

 

Bei der folgenden Kommunalwahl am 13. September 2020 trat ich erneut zur Wahl des Bürgermeisters für die Stadt Herten an und erzielte im ersten Wahlgang 41,3 Prozent. Der Gegenkandidat Matthias Müller erzielte 35,1 Prozent. Um die direkte Wiederwahl für mich zu entscheiden, fehlten somit 8,7 Prozent und ein Bisschen. Es kam am 27. September zur Stichwahl. In dieser unterlag ich mit 49,1 Prozent meinem Herausforderer, der nun von allen sechs im Rat vertretenen Parteien (SPD, CDU, Grüne, Linke, FDP und Einzelratsmitgliedern) unterstützt und mit 50,9 Prozent gewählt wurde – durchaus knapp.

In Stimmen waren es exakt 304 zu wenig und es reichte somit nicht für eine zweite Amtszeit. Der Souverän hat so entschieden, das Leben geht weiter. Am gleichen Tage bereitete ich mich auf meinen nächsten Schichtwechsel vor.

Denn die erst in 2018 in Herten gegründete TOP-Partei trat gleichzeitig am 13. September 2020 zum ersten Mal bei einer Kommunalwahl in Herten an und konnte mit 19,6 Prozent der Stimmen als drittstärkste Kraft hinter der CDU (23,1 %) und SPD (26 %) in den Rat der Stadt Herten einziehen. Damit konnte ein klar formuliertes Ziel souverän erreicht werden. Es gab nach über 70 Jahren, ab diesem Tag keine Partei mehr mit absoluter Mehrheit im Rat der Stadt Herten. Eine breit aufgestellte Demokratie machte Lust auf eine Zeitenwende, auch wenn dieser Begriff eineinhalb Jahre später eine andere Dimension einnehmen sollte. Genau wie die von mir gerne benutzte Eigenschaftsbezeichnung Querdenker, die durch die noch bevorstehende Pandemie leider einen faden Geschmack bekam. Zeitenwende und Querdenker: zwei Beispiele dafür, wie bis dahin für mich positiv besetzte Begriffe durch fragwürdige Gestalten ins Negative abrutschen. Das ist auch ein Ziel, diese beiden zurückzuerobern.

Mit diesem beeindruckenden Ergebnis und dem Vertrauen der Wählerinnen und Wähler ausgestattet, arbeite ich in der Partei und als Fraktionsvorsitzender der TOP-Partei mit meinen Kolleginnen und Kollegen seit November 2020 für Bürgerinnen und Bürger in den Ausschüssen und somit im Rat der Stadt Herten. Unser Prädikat der Bürgernähe und der intensiven, transparenten Kommunikation bestätigt uns.

In den ersten eineinhalb Jahren unseres Engagements konnten wir aus meiner Sicht bürgernah überzeugen und uns in unterschiedlichsten Themen einbringen. Eine Vielfalt an Expertise, aber auch an Meinungen, die einem neuen Rat gut zu Gesicht stehen sollten. Das Tagesgeschäft ist sehr intensiv, aber das ist eine Geschichte, die an anderer Stelle erzählt werden muss. Auch wenn wir im ersten Jahr der Zusammenarbeit und des Zusammenfindens drei Fraktionsmitglieder verloren haben, die nun eigenständig als Fraktion im Rat der Stadt Herten arbeiten, bleibt das Ziel für 2025 davon unbenommen.

Weiter in meiner persönlichen Biografie: Am 15. Mai kandidierte ich für manche scheinbar überraschend im Wahlkreis 70 / Recklinghausen II (Herten und Marl/ohne Polsum) bei der Landtagswahl NRW als Einzelkandidat. Einen Beweggrund dazu finden Sie unter dem Menüpunkt Vision. Ein anderer liegt für mich darin begründet, Chancen immer zu nutzen, wenn sie sich bieten. Alleine schon, um mir selbst im Nachhinein nicht die Frage stellen zu müssen, was wäre gewesen, wenn. So waren es drei intensive und lehrreiche Wahlkampfmonate. Fakt ist allerdings auch, die Zeit für parteilose und unabhängige Einzelkandidaten im Land war scheinbar noch nicht gekommen, so blieb ich im Ergebnis weit unter meinem persönlichen Anspruch. In Herten reichte es bei zudem extrem schwacher Wahlbeteiligung „nur“ für knapp 20 Prozent; und auf Wahlkreisebene reichen 12,8 Prozent nicht aus, um damit zufrieden sein zu können. Noch weniger, um im Landtag ein Zeichen für einen nächsten Schichtwechsel zu setzen. Aufgeschoben ist nicht aufgehoben. Bis zur nächsten Kommunalwahl 2025 sind es noch knapp drei Jahre. In dieser Zeit werden wir – werde ich – noch intensiver für die Bürgerinnen und Bürger unserer Heimatstadt Herten da sein und für eine Verbesserung des Gemeinwohls arbeiten.

 

Was bleibt, ist die Zukunft