Vision

Für mehr Vielfalt

Wenn wir also nichts ändern, ändert sich auch nichts. Klingt einfach, ist es aber nicht – oder doch? Und wer ist wir? Ist Politiker Beruf oder Berufung? Haben wir überhaupt eine Wahl?

Um es vorweg zu nehmen, ja – wir haben eine Wahl, wenn auch eingeschränkt. Denkt man darüber nach, woher Politiker heute kommen oder wie sie ihren Weg in die Politik gefunden haben, erklärt es einiges, aber nie alles. Es gibt keine Ausbildung zum Beruf des Politikers, keine Auszubildenden, keine Gesellen und keine Meister, scheinbar keine prüfungsrelevanten Voraussetzungen, um eine Qualifikation im Vorfeld zu belegen. Um hier beispielhaft in der alten Sprache des Handwerks zu schreiben. Soweit aus meiner Sicht zwar unbestritten, erklärt das alleine jedoch noch nicht die gefühlten, qualitativen Unterschiede im Wirken so mancher Politiker.

Die Realität ist einfach: Politiker werden vom Souverän gewählt. Damit ist schon mal klar, der Bürger hat Schuld, insofern man hier von Schuld schreiben möchte. Etwas überspitzt: selber schuld! Aber Wirklichkeit ist auch, nur der Bürger, der gewählt hat, – also sein Kreuzchen an die für ihn richtige Stelle auf seinem Wahlzettel eigenhändig markiert hat, – trägt die Verantwortung, gewählt zu haben. Damit sind die Nichtwähler fein raus, oder? Nein, sie dürfen sich nur nicht beschweren. Denn jeder der nicht wählt, hat seine Stimme nicht gegen die erhoben, über die er sich gerade beschweren möchte. Also mitgehangen, mitgefangen. Zeigt nochmals deutlich auf, wie wichtig es ist, zu wählen und die eigene Stimme nicht zu verschenken. In unserem demokratischen System ist klar geregelt, wo Politiker herkommen, und dass Politiker keine fachliche Ausbildung für ihr Ressort haben müssen. Damit wird nebenbei auch die ganze Diskussion um abgebrochene Studiengänge oder fehlende Abschlüsse ad absurdum geführt, insofern die Vita der Person dies auch ehrlich widergibt. Alles andere fällt unter selber schuld oder dumm gelaufen und wir bekommen am Ende, was wir gewählt haben.

Aus dieser Überzeugung heraus, sehe ich nun wieder eine Notwendigkeit, dass es Veränderung im System Politik braucht. Eine Veränderung muss nicht gleich Abkehr oder Umkehr bedeuten. Für eine höhere Akzeptanz und neues Vertrauen in politische Arbeit geht es eher darum, eine fließende Veränderung so anzustoßen, dass eine größtmögliche Breite der Gesellschaft wieder neu erreicht wird. Dazu muss Politik der Zukunft breiter aufgestellt und wieder mehr zum Spiegelbild der Gesellschaft werden. Etwas, was in heutiger Zeit unbestritten nicht mehr ausreichend gegeben ist. Es ist wichtig, die extrem stark unterrepräsentierten Gruppen zurückzugewinnen. Dies ist möglich und erfordert Mut der aktuell Verantwortlichen. Auch die Pandemie hat uns die Schwachstellen im System Politik knallhart vor Augen geführt.

Eine Idee kann sein, den jetzigen politischen Vertretungen des Landtags eine zusätzliche Gruppe an Menschen beizustellen, die über ein anderes Verfahren ausgewählt wurde. Auf diese Art und Weise könnten Anfangs hier 10 oder 20 Prozent der zu vergebenen eines Parlaments anders besetzt werden. Besetzt mit Bürgern, die eine vorher umrissene, ganz unterschiedliche Qualifikation und Lebenserfahrung aufzeigen konnten und über ein gerechtes Verfahren ausgesucht wurden. In dem Verfahren zählen u. a. keine parteiliche Zugehörigkeit oder politische Empfehlung. Damit wird die Breite an Qualifikation erhöht, dadurch wächst die Diversität in den Parlamenten und die Unabhängigkeit in Entscheidungsprozessen wird gestärkt. Das jetzige System lässt in ihren alten Strukturen eine breite Qualifikation kaum zu.